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Unternehmenspersona – Charakter einer Organisation

Die Unternehmenspersona kann real oder wie hier schematisch und computergeneriert sein.

Unternehmenspersonas finden sich kaum in Kommunikationskonzepten, während Zielgruppenpersonas Standard sind. Dabei kann die Beschreibung einer Organisations-Persönlichkeit nicht nur die Kommunikation vereinheitlichen und leiten, sondern auch Werte transportieren und Identifikation ermöglichen. Welche Dimensionen für eine Senderpersona zu beachten sind, zeigt unsere Scorecard.

Zum 1 x 1 der Kommunikation gehört die Persona-Beschreibung: In den letzten 15 Jahren hat sie sich in Marketing- und PR-Konzepten durchgesetzt – was eine starke Persönlichkeit! Kommunikationsprofis skizzieren nicht nur soziodemographische Faktoren ihrer Adressat.innen wie Alter, Geschlecht und Einkommen; sie beschreiben Lebensentwürfe und Tagesabläufe, Ängste, Wünsche, Hoffnungen, Bedürfnisse, Meinungen und Musikvorlieben und versehen ihren Aufriss mit authentischen Bildern. Manche beschreiben indes lieber „Personae“ – in unseren Ohren klingt das etwas gestelzt, darum bilden wir den Plural marketingenglisch statt lateinisch. Und mit „Unternehmen“ meinen wir in der Regel jegliche „Organisationen“…

Mit welcher Stimme spricht ein Unternehmen?

Wer ist der Mensch, den sich Stakeholder vorstellen, wenn ein Unternehmen

für Stakeholder twittert,

Twitterlogo

sein Angebot online vorstellt.

Website

Bewerbungen erbittet oder

Employer-Website

häufige Fragen beantwortet?

Sprechblase mit Fragezeichen

Kaum jemand machte sich bislang Gedanken darüber, dass auch der Absender eine Persona haben könnte; eine analytische Dissertation erkennt 2006 zumindest den Bedarf, den Markenpersönlichkeiten nicht decken und ein Blogbeitrag 2007 ansatzweise ausführt.

Auch wenn Vorstandsvorsitzende in der Öffentlichkeit bekannt sind, wirkt ihre Aura kaum bis in die Tiefen von Produktdetails. Meinungsstarke Gründerpersönlichkeiten mögen mitunter die Wirkkraft entfalten, dass Ton und Handschrift im Außenauftritt wahrnehmbar sind. Konzerne verlassen sich lieber nicht darauf, denn CEOs wechseln häufig – im DAX im Schnitt alle 4,3 Jahre. Auch die Verantwortlichen eines Social-Media-Kanals sind nicht so prägend, dass sie einer Organisation Gesicht und Stimme geben würden. Selbst Werbefiguren oder -stimmen haben kein solches Gewicht: Wenn der Praktiker-Baumarkt tweetet, vernehmen Sie die markige Stimme Manfred Lehmanns? Nicht einmal Thomas Gottschalk als eines der bekanntesten deutschen Markentestimonials jemals erschien zu seinen Zeiten vor dem geistigen Auge, wenn sich Goldbären tummelten.

Trotzdem hat ein Markentext wie jeder Text eine Stimme: Manchmal ist sie diffus und kaum wahrnehmbar, oftmals vergegenwärtigen sie sich Adressierte auch nicht. Ihre Tonalität hängt von vielen Faktoren wie Lesegewohnheiten, Leseumfeld und dem Kanal ab, vor allem aber natürlich von der Wort- und Themenwahl:

  • Die Schnauze der BVG auf Twitter stellen wir uns Berlinerisch, jung und frech vor; ihr persönlicher und witziger Charakter macht die frühere Auslöserin für Ärgernisse zur Sympathieträgerin.
  • Die Commerzbank wirkt auf zwei unserer Testleser.innen dagegen bemüht und uneinheitlich, weil sie in verschiedenen Stilen zu mehreren Zielgruppen spricht.
  • HSBC kann englische Lockerheit mit Verbindlichkeit kreuzen, weil die Großbank nicht nur informieren, sondern sich vor allem engagieren will.
  • Zwar nennt Carglass die Tweetenden aus der Kommunikationsabteilung – trotzdem hören Lesende tendenziell eine aufgeregte Stimme, die der strapaziösen Werbung nacheifert.

Unternehmen als Sender

Schematsiche Person: Unternehmenespersonas sollten passend zur Organisation gestaltet werden.

Die Unternehmenskommunikation kann ihren Ton vereinheitlichen, wenn sie sich eine aussagekräftige Stimme konstruiert. Dazu helfen Gedanken, welche Persönlichkeit hinter ihren Botschaften steckt: Alter, Aussehen, Stil und Milieu. Je konkreter diese Beschreibung ausfällt, desto mehr taugt sie zur Identifikation – mindestens für die Angestellten in PR und Marketing. Hat die Unternehmenspersona Strahlkraft, kann sie auch für den Empfang, das Servicecenter und andere Stellen mit Außenkontakt prägend sein.

Überlappende Symbole für Mann und Frau.

Ob die Unternehmenspersona in identitätssensiblen Zeiten ein Geschlecht hat, entscheidet die Organisationskultur: Innovative, global aufgestellte Absender können das offenlassen; tatsächlich taugt auch eine Persona mit diffusen Merkmalen, denn sie muss keinem realen Menschen gleichen: eine geschlechtslose Comiczeichnung etwa für ein Gesundheitsprodukt, ein Elektroauto für einen Automobilhersteller, ein künstlerisch-abstrakte Darstellung für ein Museum oder ein diffuser Android für die Anlage-KI eines Fintechs sind denkbar. Anderen Organisationen hilft eine Mann-Frau-Zuordnung, weil ihre Positionierung als Kümmerer oder Beschützerin einfacher fällt, wenn sie ein mütterliches oder väterliches Bild entwickeln.

Persönliche Werte

Die Unternehmenspersona kann sogar grundlegende Werte vertreten, die als Leitbild für eine Organisation gelten und als Person plastischer sind: Innovationsfreude, Kundenorientierung Nachhaltigkeit oder Verantwortung – selbst ein fiktiver Charakter kann konkrete Aussagen treffen und mit Beispieltaten Vorbild sein. Er kann Eigenschaften und Fähigkeiten tragen, die für die Identifikation der Mitarbeitenden dienen, aber auch nach außen hin die Organisation repräsentieren. Mit einer Senderpersona lässt sich vortrefflich Organisationskultur aufbauen und festigen – gerade Compliance-Regeln leiden meistens darunter, dass sie nicht plastisch und praktisch kommuniziert werden.

Auch ein Comicauto kann eine Unternehmenspersona darstellen.
Ein Auto kann Vorbildcharakter haben: rücksichtsvoll und hilfsbereit im Straßenverkehr.

Nicht zuletzt hätte auch bei vielen faden Purpose-Definitionen ein prägnantes Persönlichkeitsprofil gutgetan. Marken scheuen sich, negative Wirkungen ihres Handelns anzuerkennen und anzusprechen; über was die Öffentlichkeit bei Unternehmen gern hinwegsieht, würde sie bei Individuen rüffeln. So könnten Personas auch dazu dienen, egoistisches und allzu überhebliches Auftreten zu erkennen. Kommunikationsprofis können Ihre Arbeit reflektieren, wenn bei ihrer PR-Arbeit zu viel Stolz oder Selbstlob mitschwingt.

Unternehmenspersona prägt Strategie und Tonalität

Eine Persona taugt auch als Leitfigur für die Kommunikationsstrategie. Sie muss keineswegs das überall auftauchende Maskottchen sein, sondern beantwortet auch die hintergründigere Frage: Wie würde unsere Persona mit was über welche Kanäle kommunizieren? Wie gestaltet sie ihre Beziehungen zu Stakeholder.innen von Angestellten über Kund.innen bis Partner.innen und Multiplikator.innen?

In der Unternehmenspersona manifestiert sich ein Kommunikationstyp bzw. eine -rolle, in die Corporate Communications schlüpfen und damit einen konsistenten Auftritt erreichen kann. Die Persona gibt einen Sprachschatz vor, der eine Grundtonalität und konkretes Wording vorgibt. Und die Rolle hilft als Mindset, wenn sich Community-Manager.innen mit kritischen Anfragen auseinandersetzen und hierbei mit dieser Rolle Abstand gewinnen, um ausgeglichen oder schlagfertig, immer aber souverän zu reagieren.  

Unternehmenspersona-Scorecard

Welche Dimensionen kann die Unternehmenspersona ausfüllen? Anleitung gibt unsere Scorecard:

Scorecard einer realen, fiktiven oder dinglichen Unternehmenspersona zur Bestimmung ihrer äußerlichen und innerlichen Dimensionen.
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Content Konzepte PR-Arbeit

Corporate Networking

Netzwerken ist in – das wissen vor allem Personal, Vertrieb, Vorstand und natürlich Marketing wie PR. Letztere haben zur Zeit die spannende Aufgabe, Business-Plattformen zu bespielen. Von Networking-Prinzipien, wie sie auf LinkedIn und immer noch auf Veranstaltungen gelten, kann Kommunikation aber auch für ihre übrige Arbeit einiges mitnehmen: 6 Anregungen für Corporate Networking.

1. Strategisch Ressourcen einteilen

Ressourcen von Corporate Communications und Marketing wirksam streuen: Hühner füttern 3168520@freepik

Was will ich eigentlich? Bekanntheit erhöhen, Image aufbauen oder verkaufen? Diese Frage ist der Kommunikation beileibe nicht fremd, aber häufig werden Aufwände betrieben, deren Ziele im Dunkeln liegen. Pressemeldungen sind oft unnötig, weil sie keinen Nachrichtenwert haben und ihr Stil Redaktionen vergrault; ein einzelner Medienkontakt und eine gute Geschichte sparen Ressourcen – mindestens bei den Adressierten. Purpose-Kampagnen sind meistens Lippenbekenntnisse, die an Stakeholderinnen vorbeigehen. Und wozu hat eine Organisation zahlreiche Social-Media-Profile von Facebook bis TikTok, wenn sie diese nicht konsequent und zielgruppenorientiert bespielt?

Beispiel LinkedIn: Die meisten Accounts, selbst großer Unternehmen, nutzen den Kanal nur, um klassische Stellenanzeigen einzustellen, Verlautbarungen zu Produkten und zum guten Willen loszuwerden, Erfolgszahlen zu präsentieren und im besten Fall Leads zu generieren, weil darüber zumindest Content entsteht, der die Zielgruppe interessieren könnte. Wir sehen selten Accounts, die systematisch Themen managen, Zielgruppen einbinden und Dialoge anstoßen.

Eine klare Zielvorstellung hilft Organisationen, ihre Ressourcen zu bündeln und Kontakte systematisch zu verfolgen. Mit der Betrachtung als Corporate Networking wird deutlich: Marketing und Vertrieb haben oft das langfristige Beziehungsmanagement vernachlässigt, Personen zu absatzorientiert betrachtet und damit verbrannt. Die Unternehmenskommunikation wiederum verkennt Verkaufsmöglichkeiten oder bemüht sich, die Finger nicht in dieses Spiel zu bekommen. Und alle wiederum vergessen, dass der Austausch die Unternehmensentwicklung befruchten kann wie die HR-Perspektive, dass ein B2B-Kontakt in den Kreis der Kolleg.innen aufrücken könnte. Die Krux besteht darin, dass Kontakte zwar persönlich gepflegt werden müssen, aber zentral gesteuert werden sollten.

2. Relevanten Kontakten zuhören

Stakeholdern sollte Corporate Networking zuhören: Rotkehlchen singt 2120299 © lukasbieri @ pixabay

Organisationen sollten als Nächstes definieren, wer überhaupt für ihr Fortbestehen entscheidend ist. Das ist zuvorderst die Kundschaft – auch Mitglieder oder Wählende. Wichtig sind auch Vertriebspartner.innen. Indirekt helfen Stakeholder: Multiplikator.innen, Journalist.innen und Blogger.innen, Wissenschaftler.innen, Politiker.innen, Branchenvertreter.innen und Aktivist.innen. Sie beeinflussen die Reputation, politische und nicht zuletzt auch geschäftliche Entscheidungen. Besonders in Krisen zahlt sich aus, dass eine Organisation ein Netzwerk hat, das unterstützend eingreift oder sich zumindest beschwichtigen lässt. Selten hat die Unternehmenskommunikation alle diese Kontakte in einem System erfasst, priorisiert und eine Kontaktstrategie aufgesetzt.

Organisationen kommunizieren leider oftmals einseitig. Wenn sie Personen recherchieren, müssten Organisationen wissen, wo sie diese on- und offline antreffen, um erst einmal zuzuhören. So können sie relevante Themen eruieren, dahinterstehende Bedürfnisse, Ziele, Meinungen und Werte herausfinden und den Kommunikationsstil analysieren. Schematische Personas erweitern sich zu plastischen Stakeholder-Profilen.

DSGVO-konform sind diese Daten, wenn sie aus öffentlichen Quellen stammen und ein berechtigtes Interesse für Ihre Recherche vorliegt. Diese darf allerdings keine unnötigen, privaten oder gar intimen und unlauter erlangte Daten enthalten oder bedarf der Zustimmung der Recherchierten. Informations- und Sicherheitstechnik, Zugriffsrechte und Vertraulichkeitsregeln müssen diese Daten schützen und dies regelmäßig prüfen. Eine Stakeholderin hat darüber hinaus das Recht, Datenschutzbeauftragte zu kontaktieren und die erfassten Daten zu erhalten.

3. Interesse wecken und investieren

Ins Unternehmensnetzwerk investieren: gut bestücktes Vogelhaus 740970 © Alexandra @ pixabay

Im Networking heißt es: Erst Geben, dann Nehmen. Wenn sich Corporate Networking darauf verlegte, würde PR Medienschaffenden erst einmal Brancheninfos und Hintergründe vermitteln, bevor sie eine Story unterbringen will. Verbände erhielten Einblicke in den Unternehmensalltag, um zu wissen, was diese gerade bewegt. Wissenschaft bekäme Forschungsanregungen, vielleicht auch Anfragen für Praxisprojekte und Gelder. Und Aktivist.innen Daten und Einblick über Programme.

Die Kundschaft wiederum bekäme Content. Nicht nur ein paar Blogbeiträge, die Produkthintergründe und ein paar allgemeine Ratschläge enthalten, um nach jedem zweiten Post auf den Shop zu verweisen. Nein, konsequenter Content, der der Kundschaft die Inhalte bietet, die sie auch sonst rezipiert: lustige Unfälle, Emotionen und Action. Gute Musik und niedliche Kätzchen. Auch wirklich Wissenswertes und praktische Lebenshilfe, aber ohne einen mühevollen Bezug zum Produktportfolio. Zunehmend auch Botschaften von Werten und ernstgemeinte Verantwortung. Für B2B gern konkrete Anleitungen aus dem Erfahrungsschatz statt allgemeiner Weisheiten, selbstentwickelte und bewährte Tools statt Verweise auf Dritte und Rechercheergebnisse, die alle Menschen mit Internetanschluss auch in 2, 3 Stunden herausfänden.

Wichtig ist immer, dass Adressanten authentisch und glaubwürdig wirken. Allerdings gibt es keine Regel, dass Kommunikation für Endverbraucher.innen emotionaler und spielerischer sein sollte, geschäftliche aber formell und ernst wirken muss. Ungewöhnliche Inhalte und Darstellungsformen erhalten Aufmerksamkeit, schärfen das Markenprofil und stärken das Image.

4. Expertise vermitteln und Lösungen anbieten

Stakeholder schätzen Expertise und Lösungen: Flötenspieler lR9HULL-ZfU © jyotirmoy-gupta @ unsplash

Letztendlich will eine Organisation natürlich verkaufen – und deshalb davon überzeugen, dass es mit seinen Produkten und Dienstleistungen besser als die Konkurrenz ist. Begabte Netzwerker.innen teilen nützliche Tipps zu ihrem Portfolio, zudem interessante Brancheninfos und Einschätzungen zu Entwicklungen. Außerdem geben sie unaufgeregte Einblicke in ihre Arbeit, freuen sich über Erfolge, beteiligen sich an fachlichen Diskussionen und stoßen diese an. Voilà!

Produkttests können gleichfalls überzeugen – solange sie tatsächlich unverbindlich sind und kein Abonnement verstecken. Es ist erstaunlich, dass es kaum Organisationen schaffen, etwas gern zu verschenken – und damit eigentlich nur eine Chance verschenken: Dankbarkeit zu erzeugen, die vielleicht nicht den Tester, aber sein Umfeld letztendlich überzeugt.

Indem Organisationen konkret ihre Kontakte unterstützen, können sie ihre Kompetenzen darlegen, ohne sich selbst zu loben. Banken können einen standardisierten Haushaltsplan als Erstberatung anbieten und bei der Suche günstiger Geldautomaten im Ausland helfen. Pharmaunternehmen können ihr Wissen über gesunde Lebensweise vermitteln und Betroffene zusammenbringen. Und die meisten Unternehmen haben nützliches Wissen zu Arbeits- und Selbstorganisation in ihren Reihen. Es ist verwunderlich, dass keine HR-Seite Bewerbungstipps anbietet – Insiderwissen von der anderen Schreibtischseite erhöhen sicher auch die Anzahl an Bewerbungen!

5. Beziehungen pflegen

Corporate Relations setzt auf Dialog und langfristige Beziehungen: Mensch füttert Papagei 5_Bsxv_Nbs-VY © ankush-minda @ unsplash

Klar, dass nach kostenlosen Leistungen Feedback willkommen ist. Umfragen erhalten den Austausch und erhöhen weiter das Wissen über potentielle und reale Kund.innen. Fair ist allerdings nur, wenn alle Teilnehmenden etwas dafür bekommen: zumindest ein paar Tipps als pdf oder die Teilnahme an einer Verlosung, um ihre Zeit und die preisgegebenen Informationen wertzuschätzen. So erlangen Organisationen wertvollen Input und festigen die Beziehungen zu ihrer Kundschaft.

Geleistete Dienste oder Gefallen sollten Organisationen immer schätzen und sich geeignet revanchieren – das gilt natürlich für alle Stakeholderinnen. Sinnvoll ist es, Kaskaden der Verbundenheit zu definieren, um das Beziehungsmanagement als Stakeholder Journey zu systematisieren und elegant zur nächsten Stufe der Involviertheit bzw. des Engagements überzuleiten. So werden einmalige Käufer.innen zu wiederholten und weiter zu Stammkund.innen, Empfehlenden, Prototypentestenden und Engagierten bei Prozessen und der Produktentwicklung. Andere Stakeholder.innen werden zu Tipp- und Feedbackgebenden, Unterstützenden, Fürsprechenden und Verbündeten. Organisationen wünschen sich oft Fans, vergessen aber, dass deren Ansprüche hoch sind. Freundschaften halten auch bei Fehlern und helfen in Krisen.

6. Systematisches Corporate Networking

Corporate Networking umfasst klassisches Netzwerken: Möwenschwarm 6_1731511 © Georg_Wietschorke @ pixabay

Corporate Networking ist indes nicht nur eine Metapher, sondern ein meist brachliegender Ansatz für ein umfassendes „Relationship Management“. Die Kontakt-Datenbank sammelt alle bestehenden wie potentiellen Kontakte. Cluster teilen Personen und Organisationen ein und Priorisierungen kennzeichnen die Wichtigkeit der Beziehung. Schwierig ist, dass Kontakte immer mehrere Dimensionen haben, abhängig davon, aus welcher Perspektive man sie betrachtet. Spätestens, wenn man deren Netzwerk mit einbezieht, sind mehrere Kernbotschaften unterzubringen und die Frage zu klären, wer diese orchestriert.

Natürlich sollten Verantwortliche minutiös Informationen erfassen und Austausche protokollieren. So werden einzelne Informationen zu Bildern von Motivation und Agenda, die sich mit der eigenen abgleichen lassen. Darüber hinaus lernen Verantwortliche die Kommunikationskultur des Kontakts kennen, nach der sie ihre Ansprache ausrichten. Diese kann weit diversifiziert werden, 3 Punkte sind jedoch entscheidend:

  1. Wann ist ein guter Zeitpunkt, den Kontakt anzusprechen? Manche Menschen haben regelrechte Kommunikationszeiten. Die Hochsaison der Branche eignet sich nicht, dafür umso mehr Anlässe wie Geburtstag, Stellenwechsel oder ein Jubiläum.
  2. Welcher Kanal ist geeignet? Sollte man ein Telefonat ankündigen oder sich lieber am Rande einer Veranstaltung treffen? Ist der Kontakt auf Social-Media-Plattformen aktiv oder ist eine persönliche Sprachnachricht über einen Messengerdienst erfolgsversprechend?
  3. Welchen Stil pflegt die Person? Tauscht sie sich gern über Fußball oder Branchenthemen aus oder bevorzugt sie eine direkte Ansprache? Hier bedarf es Empathie und Reflexion, vielleicht sogar individuelle Trainings, um den richtigen Augenblick wie Ton zu treffen.
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Content Konzepte

Consequent Content: Was Content-Marketing sein könnte

Consequent Content ist der neue Zielgruppenfokus beim Content-Marketing. © Michael Gaida @ pixabay

Was, wenn man Content-Marketing konsequent von der Content-Seite aus betrachtet und das Produktmarketing hintenanstellt? Dann bekommen Zielgruppen endlich das, was sie sehen und hören wollen. Und unterstützen das Produkt dahinter wie selbstverständlich.

Content-Marketing im B2C ist bislang die etwas indirektere Werbung mit Inhalten. Diese Inhalte stehen dem Produkt thematisch mehr oder weniger nahe, um Kauf und Verwendung anzukurbeln: in besseren Fällen Restaurantführer zu Autoreifen, Heimwerkerprojekte zu Baumärkten und Action-Sport zu Energiegetränken. Oft leider nur erweiterte Serviervorschläge sowie „Insights“ und „Storys“, die immer noch erzählen, wie dufte die Company ist.

Content-Marketing auf die Füße gestellt

Fragt man die Zielgruppe, was sie rezipieren will, liegen andere Themen näher: spannende Serien, herzrührende Filme, groovige Songs – mitunter ein packender Schmöker. Sport für Spannung und Miteinander. Humor in all vielen Facetten. Fails, Pranks und Cat-Content vielleicht für regressive Phasen. Auch Nachrichten (68 % in D) und gern konzentrierte Tipps und Tools zur Alltagserleichterung ohne einen plumpen Produkthinweis. Wenn die Zielgruppe das bekäme: Würde sie im Laden nicht das Produkt wählen, das mit eben diesem geschätzten Content gelabelt ist?

Das gilt natürlich vor allem für austauschbare Consumer Goods: Konsument.innen greifen zur Cola, die gestern Abend noch mit Fantasy unterhielt. Oder zum fairen Kaffee des Weltspiegels. Konsequent weitergedacht würden Sender und Verlage eben den hochwertigen und unterhaltsamen Content bekommen, den sie sonst selbst produzieren oder einkaufen müssen – und wären Garanten für Qualität und Unabhängigkeit, auch wenn sich im Abspann „unterstützende Produkte“ vorstellen. Ein Krimi ist dann halt „Dauerwerbesendung“ und erhält Product Placement in kreativen Formen – schlechter muss er nicht sein. Angehängt an den Content gäbe es je nach Produktionskosten ein beschauliches Merchandising oder ein aufwändiges wie bei Star Wars. So wechselt die Perspektive: Content-Marketing ist, was den Abverkauf von Produkten zur Content-Finanzierung fördert und mit diesen Produkten für den Content wirbt.

Die Rolle der Sender, Verlage und Buchläden

Wenn für Ausstrahlung und Abdruck trotzdem Geld fließt, weil der Content geschaltet wird, könnten sich Sender und Verlage auf investigative und Nischeninhalte konzentrieren. Aber lokale Nachrichten, Kulturrezensionen und Vermischtes müssen nicht schlechter sein, weil ein Stromversorger die Journalist.innen bezahlt. Selbstverständlich versuchen Content-Anbieter.innen dann, ihre Inhalte in Form von Owned Media an den Paid Media vorbeizuschmuggeln. Gerade Content für spitze Zielgruppen kann sich kaum leisten, auch noch für das Medium zu bezahlen. Und ebensolches gilt für Content Creator, die keine Alltagsprodukte anbieten und deren Marge nicht groß genug ist, um Massen-Content zu produzieren und den auch noch zu schalten.

Das Gros der Konsument.innen wird trotzdem seine Lieblingskanäle aufsuchen, denn diese kosten nichts, garantieren geprüfte Inhalte und ersparen das Zusammensuchen von Inhalten im Netz – sonst wäre lineares Fernsehen jetzt schon tot. Letztendlich muss die Masse entscheiden, ob sie Content von Medien wertschätzt und durch ihren Einkauf das Signal gibt, diese Medien weiter zu bespielen. Klug ist aber eben das Medium, das seine eigenen Produkte vertreibt, um Infrastruktur und eigene Inhalte zu refinanzieren. Welche das sind, ist relativ egal – Hauptsache, ihr Wertekanon passt weitgehend zum Image der Inhalte. Aber Themennähe ist sympathisch: So können Politmagazine gern Tierprodukte offerieren, die sind dann auch recherchiert anständig – und wehe, wenn nicht! Nur über Tierwirtschaft kann dieses Politmagazin dann nicht mehr berichten.

Der Traum der KontextLiga wäre, wenn Content weitgehend kostenlos und damit egalitär wäre. Content-Orte wie das Kino finanzieren sich durch eigene Ladenflächen (und durch hochpreisige Knabbereien). Museumsshops haben endlich auch ein Tiefkühlregal und Theater im Foyer Kosmetik. Der Stadionbesuch ist kostenlos, aber das Werder-Müsli ist Ehrensache. Wir lesen Romane gratis, aber erwerben natürlich auch ein Rowohlt-Fahrrad, das im Buch vorkommt und auf der letzten Seite prankt. Wie schon jetzt obliegt es uns, den Bezugskanal zu wählen: Weil wir Buchläden weiterhin wollen, kaufen wir dort auch Lebensmittel und entrichten für Bücher lediglich einen Beratungs- und Besorgungsobolus. Alternativ: Für das Ereignis Buchhandlung zahlen wir jedes Mal Eintritt, aber dürfen drei Wälzer kostenlos mitnehmen. Oder für eine Jahresmitgliedschaft so viele, wie wir wollen.

Das Ende der Werbung

Jegliche Reklame mit schicken Bildern und markigen Sprüchen könnte sich so totlaufen. Auch wenn argumentfreie Werbung sicher emotional bzw. unbewusst eine Wirkung entfaltet: Konsument.innen lernen, Werbung im Wahrnehmungsstrom auszublenden, werden mündiger, versperren sich teilweise sogar grundsätzlich allen Markenaussagen. Selbst dem einfältigsten Konsumenten dürfte zumindest klar sein, dass er die heilen Welten nicht betreten wird, die ihm versprochen werden.

Weil unterhaltender Content relativ banal, vor allem aber der Erfolg als Blockbuster schwer vorauszusagen und zu halten ist, wird Responsible Content in Kommunikationskonzepten florieren: Sendezeit und Anzeigenplatz beinhalten so relevante Ansätze zur Verbesserung von Welt und Gesellschaft. Die paar Regenwaldpfennige für einen Bierkasten, Wilkinson und Nike ritten in einzelnen Kampagnen voran – scheuen sich aber noch gewaltig vor Konsequenz!

Konsum ist entscheidend

Eigentlich könnten Marketing-Profis Menschen sein, die die Gesellschaft voranbringen. Marken könnten eigene Initiativen und Plattformen gründen und zumindest jeden Marketingeuro in sinnvolle Projekte stecken. Konsum ist ein „responsible statement“ an der Kasse – und offenbart Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, wie das Marken eh oft intendieren. Oder Consumer Goods zieren sich mit bereits existierenden NGOs: Wenn man Entscheidungsspielraum hat, wieso sollte man nicht WWF-Besteck (!) und Brot für sich und „für die Welt“ kaufen? NGOs könnten sich auch nicht durch Spendengelder, sondern durch Kleidung finanzieren – das Logo oder Kragenschild verrät, dass man zu einem intimen Kreis gehört, der eine gute Idee unterstützt.

Vermutlich träte eine Gegenbewegung in Erscheinung, die unpolitisch sein will und am Supermarktregal lieber Unterhaltung in den Einkaufswagen lädt. Auch andere Statements kämen durch Kauf in Betracht: Wie bei Luxusmarken die Zugehörigkeit zu einer intimeren Gruppe gleich einem Club – mit zugehörigen Werten, Kultur und Lebensstilen. Ja, sobald diese ausgehöhlt werden und lediglich Exklusivität, Emotionen oder ein Lebensgefühl transportieren, gerät Content zu dem, was Werbung heute meistens ist. Ob es den präferierten Content gibt, entscheidet jeder Kauf eigentlich ja jetzt schon.