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Konzepte PR-Arbeit Workshops

Stakeholder: frischer Wind statt Shitstorms

Stakeholder-Integration und Stakeholder-Engagement sind die neuen Manöver für Creating Shared Value: Segelschiff im Wind © Airvideopl @ Pixabay

Stakeholder hießen früher Zielgruppen: In 30 Jahren haben sich willenlose Konsumzombies nun zu eigen-willigen Stakeholdern gemausert, die vielstimmig, vernetzt und kritisch agieren. Wie können Marketing und PR auf Augenhöhe kommunizieren? Inwieweit können Unternehmen sogar Impulse aufnehmen? 5 Vorteile einer emanzipierten Zielgruppe – und 5 Stufen der Stakeholder-Integration.

Bis in die 80er visierten Kommunikationskonzepte „Zielgruppen“ an: Konsument.innen mussten sich vor Pfeilen hüten oder standen im Fadenkreuz eines Zielfernrohrs. Diese Symbolbilder gebar die Vorstellung, dass willenlose Käufer.innen mit der geeigneten Munition (Werbeversprechen) in der richtigen Waffe (Medium) zum richtigen Zeitpunkt (Customer Lifetime, oftmals noch „Saison“) getroffen willenlos in den nächsten Laden stürmten, um ihrem injizierten Wunsch nachzugehen.

Stakeholder-Relations ersetzen einseitige Ziel-Gruppen. Personensilhouetten und Fadenkreuz © Gerd Altmann @ Pixabay

Stakeholder wollen ja auch was

In den 90ern bekamen Zielgruppen eine eigene Meinung: PR-Konzepte befassten sich nun mit Stakeholdern und deren Interessen. Die Kundschaft fand sich in einem Teich aus überlappenden Teilöffentlichkeiten wieder, zu denen auch Beleg- und Nachbarschaft wie Umweltinitiativen gehörten. Stakeholder vertraten meist Interessen: Sie repräsentierten eine Gruppe und hatten dadurch Legitimation, meistens Expertise und in jedem Fall ein Stück Macht. Ihr deutsches Pendant „Anspruchsgruppen“ war egalitärer und anonymer konnotiert. Und bei einem Austausch formten sie „Dialoggruppen“ – wenn auch oft noch nicht auf Augenhöhe. Zumindest aber hatten sie einen Willen und eine Überzeugung, nicht mehr nur Impulse und Triebe.

Etwa 5 Jahre nach der Jahrtausendwende ermöglichte das Web 2.0, dass sich jede Meinung kundtun konnte. Repräsentative Systeme wie Parteien, Parlamente und generell Großorganisationen, die nur denjenigen eine Stimme gaben, die eine Kaderschmiede durchlaufen hatten, empörten sich, dass nun alle Gehör fanden. Auch die Presse gehört zu jenen Systemen; „Holzmedien“, in denen Berufene den beschränkten Blattplatz verteilen, singen Nostalgische immer noch Loblieder und schmähen jedes journalistische Ansinnen, wenn es lediglich online publiziert.

Harmlose Anfragen werden Shitstorms

Sobald sich Organisationen in sozialen Medien präsentierten, wurden sie gewahr, dass jede Anfrage die Reputation beeinflusst: Eine unzufriedene Kundin erhält weit mehr Aufmerksamkeit, als wenn ihre Erfahrung im Bekanntenkreis verbleibt. Schnell wurden aus Servicewüsten blühende Landschaften – immerhin konnten sich auch positive Konsumerlebnisse viral ausbreiten.

Shitstorms offenbarten aber, dass sich Empörung leicht organisieren kann und Gemeinschaften unterhält. Weil der Begriff berechtigte Kritik diffamiert, schlagen wir vor, ihn für Trollattacken aufzusparen und sonst durch „Kollektivkritik“ (Kollkri) zu ersetzen. Diese bezeichnet ein vielfach vorgetragenes und grundsätzlich berechtigtes Anliegen, von dem man sich nicht wie vor Stürmen, Lawinen oder hohen Wellen schützen muss. Wenn man sich als Teil der Social-Media-Gemeinde versteht, hilft offene und selbstreflektierte Entgegnung. Und wenn Wut manch harsche Worte gebiert: Große Emotionen bieten auch große Chancen; manche Organisation gewann Vertrauen, weil sie sich in der Krise selbstkritisch und lernbereit zeigte!

Anpassungsfähige Kommunikation

Organisationen haben sich darauf eingestellt und vermeiden Reputationsrisiken, indem sie soziale Netzwerke monitoren und Stakeholder verstehen lernen. Unternehmenskommunikation ist nicht nur Mund, sondern auch Ohr: Sie muss Stakeholder ansprechen und vor- wie nachher zuhören, um Kommunikation zu regeln. Letztendlich entwickeln sich Dialoge, die vielseitige Interessen berücksichtigen, gesellschaftliche Gruppen gleichberechtigen und Organisationen Verantwortung übertragen.

Derartige Kommunikation ist selbst für PR-Profis mühevoll: Im brummenden Tagesgeschäft fehlt vor allem Zeit, diverse Perspektiven zu berücksichtigen und treffend anzusprechen. Da der Kontext überwiegend international ist, muss Kommunikation Identitäten, aber auch Kulturen, Sprachen und nicht zuletzt Bildkonnotationen kennen und berücksichtigen. Verständlich, dass vor allem diejenigen, die Privilegien genießen und den Kampf um Anerkennung nicht kennen, die Gemengelage strapaziert.

Öffentlichkeitsarbeit nach innen

Unternehmenssprecher.innen haben nun die Aufgabe, nicht nur Stimme in, sondern auch für die Öffentlichkeit und einzelner Gruppen in ihre Organisation hinein zu sein. Als kritische Kundschaft, wissbegierige Journalistin, kampagnenorientierter Verband, besorgter Anwohner, diverse Bewerber.innen und nicht zuletzt als Anteilseignerin, die Profit und Moral aufwiegt, vervielfältigen sich die Standpunkte und Haltungen der PR-Abteilung. Die bezieht dafür oft Schelte, weil sie den gewohnten Betrieb ausbremst.

Alle unbequeme Veränderung stößt auf Abwehr: Oft sind ein homogener Vorstand, eine sprachmächtige Rechtsabteilung und ein hemdsärmeliger Vertrieb zu bekehren – bestenfalls noch mit Human Relations als Unterstützung für Diversity. Corporate Communications kann nun beweisen, dass sie Change in der Organisationskultur nicht nur umsetzen, sondern auch anstoßen kann. Allerdings für ein schwieriges Vorhaben, das nur mit Systematik glaubhaft ist und trotzdem auf absehbare Zeit kein Ende findet.

CSV: Gemeinsam Wertschöpfen nutzt 5-fach

Warum überhaupt die Mühen? Während Unternehmen die Aufwände für CSR als optional bislang eher scheuten, offenbart CSV auch kurzfristig Vorteile. Creating Shared Value erzeugt nicht nur für Shareholder, sondern auch für die Gesellschaft Werte. Dieses substantielle Geschäftsmodell erzeugt

  1. einen Marktvorteil gegenüber Platzhirschen (wie Katjes gegenüber Haribo).
  2. News, neue Fürsprache (Influence) und neue Konsumgruppen (Lidl vertreibt Bioland).
  3. Motivation von Bewerber.innen und Mitarbeiter.innen sowie deren Bindung (BASF).
  4. Argumentationshilfen für Public Affairs (Tetrapak).
  5. Reparatur, Schutz und Resilienz im Hinblick auf Reputationskrisen (Nestlé als CSV-Pionier).

Stakeholder Engagement in 5 Stufen

Organisationen können Stakeholder grob in fünf Stufen ansprechen und einbinden, um gemeinsam CSV zu erzeugen.

1. Transparenz: Karten auf den Tisch

Leider pflegte die PR-Branche bislang, Informationen nicht nach ihrem Gehalt, sondern nach ihrer Anmut zu verbreiten. Und als gehütetes Geschäftsgeheimnis geht vermutlich noch die Kaffeesorte in der Büroküche durch. Aber beziffern Sie zumindest Ihren Ressourcenverbrauch abseits der Kernrohstoffe, teilen Sie Wissen, Fähigkeiten und Werkzeuge und erlauben Sie dies auch Ihren Angestellten.

2. Dialogische Customer Journey: Gespräche an allen Tresen

Schon jede kritische Anfrage im Servicecenter sollte ein Beziehungsmanagement in Gang setzen – eine Beschwerde ist ein Wunsch nach Dialog. Dieser birgt vervielfacht und verstetigt unbezahlbare Quellen für Marktforschung, Issue Monitoring und Geschäftsentwicklung. Deshalb ist es ratsam, den gesamten Vertrieb daraufhin umzustellen, auch Informationen einzuholen. Und alle Mitarbeiter.innen zu schulen, die Organisation in der Öffentlichkeit zu vertreten, auch wenn sie keine Corporate Influencer sind, Feedback einzuholen und weiterzugeben.

3. Lobbytreffen und Meinungsaustausch: in Foyers und an runden Tischen

Treffen Sie sich mit Stakeholdern und hören Sie, was sie fordern. Laden Sie Ihre größten Kritiker.innen zu Blogbei- und Vorträgen ein. Fast sicher erhalten Sie reihenweise vernünftige Vorschläge, können Kritik den Wind aus den Segeln nehmen und Ihre Geschäftsräume durchlüften. Bootcamps für Anspruchsgruppen sind dann schon Windgeneratoren: Wichtig ist, dass Sie eine professionelle Moderation und ein inspirierendes Rahmenprogramm bieten. Hier können Kundinnen Produkte verbessern, aber auch Geschäftsmodelle überdenken und Visionen gestalten.

4. Mitbestimmung und Kollaboration: Marketing-Volksentscheide und Karotten

Wenn Sie Ihre Kund.innen erreichen wollen, fragen Sie doch einfach, welcher Content ihnen gefällt. Registrierung und Moderation verhindern, dass Trolle Abstimmungen kapern (sollte es jene zu viele geben, helfen die Schritte 1 bis 3). Da Käufer.innen das Marketing finanzieren, könnten sie ja auch über den Kurs entscheiden: Themen bestimmen, Projekte anstoßen, kreative Ideen einbringen oder gleich selbst Content erstellen. Gute Ansinnen sind Ansätze, sich sogar gemeinsam zu engagieren: In gemeinsame Initiativen können Sie mit Ihren Stakeholdern an einem Strang ziehen.

5. Stakeholder-Integration: Sturm im Stammhaus

Um glaubhaft einen Purpose mit Verbesserungsabsicht zu vermitteln, kommen Organisationen eigentlich nicht umhin, Stakeholder überall einzubinden: Verbraucherschutz in den Kundenservice, gewerkschaftlichen Einfluss auf Arbeitsverträge oder Nachhaltigkeitsinspektionen entlang der Lieferketten. Das geschähe natürlich nur, wenn Kaufentscheidungen konsequent Ethik berücksichtigten und einen Wettbewerb um Konsequenz anstießen. Viele Fragen um Datenschutz, Kontinuität der Prozesse, Spionageabwehr und andererseits korumpierbare Stakeholder sind in diesem Schritt allerdings ungeklärt und vielleicht unklärbar. Aber als Brainstorm taugt der Gedanke allemal!

Wie kann man Stakeholder noch in Organisationen integrieren? Wir freuen uns über Ihre Kommentare!

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Content Konzepte

Consequent Content: Was Content-Marketing sein könnte

Consequent Content ist der neue Zielgruppenfokus beim Content-Marketing. © Michael Gaida @ pixabay

Was, wenn man Content-Marketing konsequent von der Content-Seite aus betrachtet und das Produktmarketing hintenanstellt? Dann bekommen Zielgruppen endlich das, was sie sehen und hören wollen. Und unterstützen das Produkt dahinter wie selbstverständlich.

Content-Marketing im B2C ist bislang die etwas indirektere Werbung mit Inhalten. Diese Inhalte stehen dem Produkt thematisch mehr oder weniger nahe, um Kauf und Verwendung anzukurbeln: in besseren Fällen Restaurantführer zu Autoreifen, Heimwerkerprojekte zu Baumärkten und Action-Sport zu Energiegetränken. Oft leider nur erweiterte Serviervorschläge sowie „Insights“ und „Storys“, die immer noch erzählen, wie dufte die Company ist.

Content-Marketing auf die Füße gestellt

Fragt man die Zielgruppe, was sie rezipieren will, liegen andere Themen näher: spannende Serien, herzrührende Filme, groovige Songs – mitunter ein packender Schmöker. Sport für Spannung und Miteinander. Humor in all vielen Facetten. Fails, Pranks und Cat-Content vielleicht für regressive Phasen. Auch Nachrichten (68 % in D) und gern konzentrierte Tipps und Tools zur Alltagserleichterung ohne einen plumpen Produkthinweis. Wenn die Zielgruppe das bekäme: Würde sie im Laden nicht das Produkt wählen, das mit eben diesem geschätzten Content gelabelt ist?

Das gilt natürlich vor allem für austauschbare Consumer Goods: Konsument.innen greifen zur Cola, die gestern Abend noch mit Fantasy unterhielt. Oder zum fairen Kaffee des Weltspiegels. Konsequent weitergedacht würden Sender und Verlage eben den hochwertigen und unterhaltsamen Content bekommen, den sie sonst selbst produzieren oder einkaufen müssen – und wären Garanten für Qualität und Unabhängigkeit, auch wenn sich im Abspann „unterstützende Produkte“ vorstellen. Ein Krimi ist dann halt „Dauerwerbesendung“ und erhält Product Placement in kreativen Formen – schlechter muss er nicht sein. Angehängt an den Content gäbe es je nach Produktionskosten ein beschauliches Merchandising oder ein aufwändiges wie bei Star Wars. So wechselt die Perspektive: Content-Marketing ist, was den Abverkauf von Produkten zur Content-Finanzierung fördert und mit diesen Produkten für den Content wirbt.

Die Rolle der Sender, Verlage und Buchläden

Wenn für Ausstrahlung und Abdruck trotzdem Geld fließt, weil der Content geschaltet wird, könnten sich Sender und Verlage auf investigative und Nischeninhalte konzentrieren. Aber lokale Nachrichten, Kulturrezensionen und Vermischtes müssen nicht schlechter sein, weil ein Stromversorger die Journalist.innen bezahlt. Selbstverständlich versuchen Content-Anbieter.innen dann, ihre Inhalte in Form von Owned Media an den Paid Media vorbeizuschmuggeln. Gerade Content für spitze Zielgruppen kann sich kaum leisten, auch noch für das Medium zu bezahlen. Und ebensolches gilt für Content Creator, die keine Alltagsprodukte anbieten und deren Marge nicht groß genug ist, um Massen-Content zu produzieren und den auch noch zu schalten.

Das Gros der Konsument.innen wird trotzdem seine Lieblingskanäle aufsuchen, denn diese kosten nichts, garantieren geprüfte Inhalte und ersparen das Zusammensuchen von Inhalten im Netz – sonst wäre lineares Fernsehen jetzt schon tot. Letztendlich muss die Masse entscheiden, ob sie Content von Medien wertschätzt und durch ihren Einkauf das Signal gibt, diese Medien weiter zu bespielen. Klug ist aber eben das Medium, das seine eigenen Produkte vertreibt, um Infrastruktur und eigene Inhalte zu refinanzieren. Welche das sind, ist relativ egal – Hauptsache, ihr Wertekanon passt weitgehend zum Image der Inhalte. Aber Themennähe ist sympathisch: So können Politmagazine gern Tierprodukte offerieren, die sind dann auch recherchiert anständig – und wehe, wenn nicht! Nur über Tierwirtschaft kann dieses Politmagazin dann nicht mehr berichten.

Der Traum der KontextLiga wäre, wenn Content weitgehend kostenlos und damit egalitär wäre. Content-Orte wie das Kino finanzieren sich durch eigene Ladenflächen (und durch hochpreisige Knabbereien). Museumsshops haben endlich auch ein Tiefkühlregal und Theater im Foyer Kosmetik. Der Stadionbesuch ist kostenlos, aber das Werder-Müsli ist Ehrensache. Wir lesen Romane gratis, aber erwerben natürlich auch ein Rowohlt-Fahrrad, das im Buch vorkommt und auf der letzten Seite prankt. Wie schon jetzt obliegt es uns, den Bezugskanal zu wählen: Weil wir Buchläden weiterhin wollen, kaufen wir dort auch Lebensmittel und entrichten für Bücher lediglich einen Beratungs- und Besorgungsobolus. Alternativ: Für das Ereignis Buchhandlung zahlen wir jedes Mal Eintritt, aber dürfen drei Wälzer kostenlos mitnehmen. Oder für eine Jahresmitgliedschaft so viele, wie wir wollen.

Das Ende der Werbung

Jegliche Reklame mit schicken Bildern und markigen Sprüchen könnte sich so totlaufen. Auch wenn argumentfreie Werbung sicher emotional bzw. unbewusst eine Wirkung entfaltet: Konsument.innen lernen, Werbung im Wahrnehmungsstrom auszublenden, werden mündiger, versperren sich teilweise sogar grundsätzlich allen Markenaussagen. Selbst dem einfältigsten Konsumenten dürfte zumindest klar sein, dass er die heilen Welten nicht betreten wird, die ihm versprochen werden.

Weil unterhaltender Content relativ banal, vor allem aber der Erfolg als Blockbuster schwer vorauszusagen und zu halten ist, wird Responsible Content in Kommunikationskonzepten florieren: Sendezeit und Anzeigenplatz beinhalten so relevante Ansätze zur Verbesserung von Welt und Gesellschaft. Die paar Regenwaldpfennige für einen Bierkasten, Wilkinson und Nike ritten in einzelnen Kampagnen voran – scheuen sich aber noch gewaltig vor Konsequenz!

Konsum ist entscheidend

Eigentlich könnten Marketing-Profis Menschen sein, die die Gesellschaft voranbringen. Marken könnten eigene Initiativen und Plattformen gründen und zumindest jeden Marketingeuro in sinnvolle Projekte stecken. Konsum ist ein „responsible statement“ an der Kasse – und offenbart Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, wie das Marken eh oft intendieren. Oder Consumer Goods zieren sich mit bereits existierenden NGOs: Wenn man Entscheidungsspielraum hat, wieso sollte man nicht WWF-Besteck (!) und Brot für sich und „für die Welt“ kaufen? NGOs könnten sich auch nicht durch Spendengelder, sondern durch Kleidung finanzieren – das Logo oder Kragenschild verrät, dass man zu einem intimen Kreis gehört, der eine gute Idee unterstützt.

Vermutlich träte eine Gegenbewegung in Erscheinung, die unpolitisch sein will und am Supermarktregal lieber Unterhaltung in den Einkaufswagen lädt. Auch andere Statements kämen durch Kauf in Betracht: Wie bei Luxusmarken die Zugehörigkeit zu einer intimeren Gruppe gleich einem Club – mit zugehörigen Werten, Kultur und Lebensstilen. Ja, sobald diese ausgehöhlt werden und lediglich Exklusivität, Emotionen oder ein Lebensgefühl transportieren, gerät Content zu dem, was Werbung heute meistens ist. Ob es den präferierten Content gibt, entscheidet jeder Kauf eigentlich ja jetzt schon.

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Konzepte PR-Arbeit Workshops

Warum viele PR-Profis ohne Konzept arbeiten – und wie sie das ändern

Vier Gründe hindern Kommunikationsprofis daran, ein Kommunikationskonzept zu erstellen. Die Außenperspektive hilft bei der Durchsetzung.

Theoretisch eindeutig: Ohne Konzept geht es nicht. Ohne Analyse der bisherigen Kommunikation und der Organisationspotentiale, ohne präzise Zielsetzungen und dazugehörigen Zielgruppen, ohne eine konsequente Strategie und eine profilscharfe Positionierung bauen Kommunikationsmaßnahmen nicht aufeinander auf. Das gilt für PR wie für Marketing, Employer Branding wie Vertrieb. Als kaufe man Lebensmittel, die kein Gericht ergeben. Trotzdem kochen viele ohne Rezept – selbst gestandene PR-Profis.

Die Gründe für Konzeptlosigkeit sind oft simpel

  1. Zeit. Ein solides Konzept braucht mehrere Tage Ruhe – die Kommunikationsmitarbeiter.innen nicht haben, weil sie tagesgetrieben arbeiten und immer dort eingesetzt werden, wo mal wieder etwas hübsch und gut formuliert sein muss.
  2. Reflektion. „Wir haben keine Konkurrenz“, entgegnet öfters die Geschäftsführung. Eine kurze Suchanfrage listete zwar mehrere Anbieter, „aber die arbeiten nicht so gut wie wir.“ Wenn das die Kundschaft wüsste und auch so sähe! Selbstsicherheit hilft oft – bei der Außenwahrnehmung leider nicht. Eine Analyse als Basis eines Konzepts kann, vielleicht muss sie sogar wehtun, weil sie Schwächen und Versäumnisse aufdeckt. Kommunikationsabteilungen wollen aber die Schmerzgrenze nicht überschreiten, um keine Konflikte auszulösen.
  3. Abstimmung. Ein Kommunikationskonzept ist komplex. Wenn es alle Beteiligten gemeinsam erarbeiten, wird eine Implementierung wahrscheinlicher. Sonst wird gerade ein PR-Konzept, das nicht auf schnelle Erfolge ausgerichtet ist, nicht verstanden, nicht ernst genommen, abgewiegelt und schlussendlich ignoriert.
  4. Konsequenz. Wenn Journalist.innen direkt im Vorstandssekretariat anfragen, neue Kanäle unvorhergesehene Kundenkontakte versprechen und der Vertrieb neue Absatzziele ausruft, fällt es schwer, sich auf ein Konzept als Arbeitsgrundlage zu fokussieren und das gesamte Unternehmen zur Einhaltung einzuschwören. Das Konzept verwässert – oder versauert von vornherein in der Ecke.

Wie ein Konzept sich dennoch durchsetzt

  1. Zeit. Am besten lässt sich eine Arbeitsgrundlage beim Stellenantritt implementieren. Zwar wollen Neulinge gern Dynamik versprühen und Ergebnisse vorweisen – aber die Bestandsaufnahme in Abteilungen und die Evaluation ihrer Potentiale und Bedürfnisse schafft auch Präsenz, ein internes Netzwerk und die nötige Aufmerksamkeit für das Thema Kommunikation.
  2. Reflektion. Die Kommunikationsprofis der KontextLiga haben es selbst nicht geglaubt, als sie angestellt waren: Schon nach wenigen Monaten macht sich Betriebsblindheit bemerkbar. Die Perspektive der Ziel- und Anspruchsgruppen verschwimmt zugunsten der Überzeugung, dass die eigenen Angebote und Botschaften spannend, geradezu alternativlos seien. Noch schwieriger gestaltet sich die Erarbeitung mit einem Vorstand, der auf Erfolge fokussiert ist. In beiden Fällen kann externe Beratung den Horizont erweitern.
  3. Abstimmung. Am sinnvollsten ist ein Konzept, das auf den Unternehmenszielen aufbaut. Von diesen lässt sich eine Kommunikationsstrategie ableiten, die im PR-Konzept langfristig das Image verbessert und im Marketing ohne Widerspruch Absatz initiiert. Wenn Vertrieb, Kundenmanagement, Personal und Recht mit einbezogen werden, kann die umfassende Funktion von Kommunikation herausgearbeitet werden – am besten in einem Konzept-Workshop, in dem alle Abteilungen ihre Sichtweisen und Bedürfnisse einbringen.
  4. Konsequenz. Wenn alle im Boot sind, steigen die Chancen beträchtlich, dass ein Konzept tatsächlich zur Handlungsgrundlage wird, um Kernbotschaften in sämtliche Kommunikation ein-, Kontakte durch Stringenz aus- und Organisationsmarken nachhaltig aufzubauen. Weil Bedingungen variieren, und Beteiligte ihren Fokus verlieren, sind regelmäßige Reviews wirkungsvoll. In diesen kann die Konzept-Crew Erfahrungen austauschen, taktische Szenarien ausloten und Erfolge verbuchen, um gemeinsam die nächste Raketenstufe zu zünden.