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Unternehmenspersona – Charakter einer Organisation

Die Unternehmenspersona kann real oder wie hier schematisch und computergeneriert sein.

Unternehmenspersonas finden sich kaum in Kommunikationskonzepten, während Zielgruppenpersonas Standard sind. Dabei kann die Beschreibung einer Organisations-Persönlichkeit nicht nur die Kommunikation vereinheitlichen und leiten, sondern auch Werte transportieren und Identifikation ermöglichen. Welche Dimensionen für eine Senderpersona zu beachten sind, zeigt unsere Scorecard.

Zum 1 x 1 der Kommunikation gehört die Persona-Beschreibung: In den letzten 15 Jahren hat sie sich in Marketing- und PR-Konzepten durchgesetzt – was eine starke Persönlichkeit! Kommunikationsprofis skizzieren nicht nur soziodemographische Faktoren ihrer Adressat.innen wie Alter, Geschlecht und Einkommen; sie beschreiben Lebensentwürfe und Tagesabläufe, Ängste, Wünsche, Hoffnungen, Bedürfnisse, Meinungen und Musikvorlieben und versehen ihren Aufriss mit authentischen Bildern. Manche beschreiben indes lieber „Personae“ – in unseren Ohren klingt das etwas gestelzt, darum bilden wir den Plural marketingenglisch statt lateinisch. Und mit „Unternehmen“ meinen wir in der Regel jegliche „Organisationen“…

Mit welcher Stimme spricht ein Unternehmen?

Wer ist der Mensch, den sich Stakeholder vorstellen, wenn ein Unternehmen

für Stakeholder twittert,

Twitterlogo

sein Angebot online vorstellt.

Website

Bewerbungen erbittet oder

Employer-Website

häufige Fragen beantwortet?

Sprechblase mit Fragezeichen

Kaum jemand machte sich bislang Gedanken darüber, dass auch der Absender eine Persona haben könnte; eine analytische Dissertation erkennt 2006 zumindest den Bedarf, den Markenpersönlichkeiten nicht decken und ein Blogbeitrag 2007 ansatzweise ausführt.

Auch wenn Vorstandsvorsitzende in der Öffentlichkeit bekannt sind, wirkt ihre Aura kaum bis in die Tiefen von Produktdetails. Meinungsstarke Gründerpersönlichkeiten mögen mitunter die Wirkkraft entfalten, dass Ton und Handschrift im Außenauftritt wahrnehmbar sind. Konzerne verlassen sich lieber nicht darauf, denn CEOs wechseln häufig – im DAX im Schnitt alle 4,3 Jahre. Auch die Verantwortlichen eines Social-Media-Kanals sind nicht so prägend, dass sie einer Organisation Gesicht und Stimme geben würden. Selbst Werbefiguren oder -stimmen haben kein solches Gewicht: Wenn der Praktiker-Baumarkt tweetet, vernehmen Sie die markige Stimme Manfred Lehmanns? Nicht einmal Thomas Gottschalk als eines der bekanntesten deutschen Markentestimonials jemals erschien zu seinen Zeiten vor dem geistigen Auge, wenn sich Goldbären tummelten.

Trotzdem hat ein Markentext wie jeder Text eine Stimme: Manchmal ist sie diffus und kaum wahrnehmbar, oftmals vergegenwärtigen sie sich Adressierte auch nicht. Ihre Tonalität hängt von vielen Faktoren wie Lesegewohnheiten, Leseumfeld und dem Kanal ab, vor allem aber natürlich von der Wort- und Themenwahl:

  • Die Schnauze der BVG auf Twitter stellen wir uns Berlinerisch, jung und frech vor; ihr persönlicher und witziger Charakter macht die frühere Auslöserin für Ärgernisse zur Sympathieträgerin.
  • Die Commerzbank wirkt auf zwei unserer Testleser.innen dagegen bemüht und uneinheitlich, weil sie in verschiedenen Stilen zu mehreren Zielgruppen spricht.
  • HSBC kann englische Lockerheit mit Verbindlichkeit kreuzen, weil die Großbank nicht nur informieren, sondern sich vor allem engagieren will.
  • Zwar nennt Carglass die Tweetenden aus der Kommunikationsabteilung – trotzdem hören Lesende tendenziell eine aufgeregte Stimme, die der strapaziösen Werbung nacheifert.

Unternehmen als Sender

Schematsiche Person: Unternehmenespersonas sollten passend zur Organisation gestaltet werden.

Die Unternehmenskommunikation kann ihren Ton vereinheitlichen, wenn sie sich eine aussagekräftige Stimme konstruiert. Dazu helfen Gedanken, welche Persönlichkeit hinter ihren Botschaften steckt: Alter, Aussehen, Stil und Milieu. Je konkreter diese Beschreibung ausfällt, desto mehr taugt sie zur Identifikation – mindestens für die Angestellten in PR und Marketing. Hat die Unternehmenspersona Strahlkraft, kann sie auch für den Empfang, das Servicecenter und andere Stellen mit Außenkontakt prägend sein.

Überlappende Symbole für Mann und Frau.

Ob die Unternehmenspersona in identitätssensiblen Zeiten ein Geschlecht hat, entscheidet die Organisationskultur: Innovative, global aufgestellte Absender können das offenlassen; tatsächlich taugt auch eine Persona mit diffusen Merkmalen, denn sie muss keinem realen Menschen gleichen: eine geschlechtslose Comiczeichnung etwa für ein Gesundheitsprodukt, ein Elektroauto für einen Automobilhersteller, ein künstlerisch-abstrakte Darstellung für ein Museum oder ein diffuser Android für die Anlage-KI eines Fintechs sind denkbar. Anderen Organisationen hilft eine Mann-Frau-Zuordnung, weil ihre Positionierung als Kümmerer oder Beschützerin einfacher fällt, wenn sie ein mütterliches oder väterliches Bild entwickeln.

Persönliche Werte

Die Unternehmenspersona kann sogar grundlegende Werte vertreten, die als Leitbild für eine Organisation gelten und als Person plastischer sind: Innovationsfreude, Kundenorientierung Nachhaltigkeit oder Verantwortung – selbst ein fiktiver Charakter kann konkrete Aussagen treffen und mit Beispieltaten Vorbild sein. Er kann Eigenschaften und Fähigkeiten tragen, die für die Identifikation der Mitarbeitenden dienen, aber auch nach außen hin die Organisation repräsentieren. Mit einer Senderpersona lässt sich vortrefflich Organisationskultur aufbauen und festigen – gerade Compliance-Regeln leiden meistens darunter, dass sie nicht plastisch und praktisch kommuniziert werden.

Auch ein Comicauto kann eine Unternehmenspersona darstellen.
Ein Auto kann Vorbildcharakter haben: rücksichtsvoll und hilfsbereit im Straßenverkehr.

Nicht zuletzt hätte auch bei vielen faden Purpose-Definitionen ein prägnantes Persönlichkeitsprofil gutgetan. Marken scheuen sich, negative Wirkungen ihres Handelns anzuerkennen und anzusprechen; über was die Öffentlichkeit bei Unternehmen gern hinwegsieht, würde sie bei Individuen rüffeln. So könnten Personas auch dazu dienen, egoistisches und allzu überhebliches Auftreten zu erkennen. Kommunikationsprofis können Ihre Arbeit reflektieren, wenn bei ihrer PR-Arbeit zu viel Stolz oder Selbstlob mitschwingt.

Unternehmenspersona prägt Strategie und Tonalität

Eine Persona taugt auch als Leitfigur für die Kommunikationsstrategie. Sie muss keineswegs das überall auftauchende Maskottchen sein, sondern beantwortet auch die hintergründigere Frage: Wie würde unsere Persona mit was über welche Kanäle kommunizieren? Wie gestaltet sie ihre Beziehungen zu Stakeholder.innen von Angestellten über Kund.innen bis Partner.innen und Multiplikator.innen?

In der Unternehmenspersona manifestiert sich ein Kommunikationstyp bzw. eine -rolle, in die Corporate Communications schlüpfen und damit einen konsistenten Auftritt erreichen kann. Die Persona gibt einen Sprachschatz vor, der eine Grundtonalität und konkretes Wording vorgibt. Und die Rolle hilft als Mindset, wenn sich Community-Manager.innen mit kritischen Anfragen auseinandersetzen und hierbei mit dieser Rolle Abstand gewinnen, um ausgeglichen oder schlagfertig, immer aber souverän zu reagieren.  

Unternehmenspersona-Scorecard

Welche Dimensionen kann die Unternehmenspersona ausfüllen? Anleitung gibt unsere Scorecard:

Scorecard einer realen, fiktiven oder dinglichen Unternehmenspersona zur Bestimmung ihrer äußerlichen und innerlichen Dimensionen.
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Impulse PR-Arbeit

Die PR-Abteilung wird zur PR-Beratung

Unternehmenskommunikation wird zur internen PR-Beratung, die Kommunikationskonzepte erstellt,  aber anderen die Bühne überlässt und mehr organisiert und berät. © Matheus Bertelli @ pexels

Unternehmenskommunikation muss nicht nur kommunizieren, sondern verstärkt Kommunikation ermöglichen. Das gilt für die Personalabteilung, aber auch für Social Media und die Ansprache der Öffentlichkeit.

In vielen Fällen wirkt es authentischer, wenn die jeweils Zuständigen sich zu Wort melden, während Corporate Communications den Rahmen schafft und dabei berät. Sie gibt in einem Kommunikationskonzept Leitlinien vor und macht Vorschläge für die Themenauswahl. Sie liest Textentwürfe mit Außenblick und macht die Sprache verständlicher und runder. Bei allen Inhalten sorgt sie dafür, dass Corporate Design, Wording und Fakten auf dem neuesten Stand sind, und managt die Produktion. Sie stellt Kontakte zu Medien her und bereitet auf den Austausch inhaltlich wie formell vor. Und sie schätzt Reaktionen wie Folgen ab und bereitet die Absender darauf vor.

Human Resources Content by humans

Interne Meldungen kommen häufig aus der Personalabteilung. Wenn ihre Mitarbeitende diese verbreiten, verleihen sie den Inhalten eine persönliche Note – gleich ob in der Rundmail, in der Mitarbeiterzeitschrift oder in der App. Die gleiche Aufgabenteilung empfiehlt sich für alle Maßnahmen im Employer Branding – so lernen Interessierte ihre Ansprechpartner.innen gleich kennen und können diese kontaktieren, um sich für eine Karriere beraten zu lassen. Nicht zuletzt gilt das auch für Stellenangebote. Ihre Formulierungen sollte PR jedoch mal unter die Lupe nehmen – um das Unternehmen ohne Worthülsen vorzustellen und eine frische Ansprache einzubringen.

Social Media ist mehr als der Facebook-Auftritt

Den ersten Eindruck von Unternehmen gewinnen Außenstehende oft über Bekannte, die dort arbeiten. Was diese erzählen und in Social Media verbreiten, entscheidet über das Image. PR-Schaffende tun gut daran, Botschaften für das Unternehmen zu kreieren, die Mitarbeitende mit Stolz verbreiten – wie zuletzt die BASF, die die Regenbogenflagge hisste. Sicher hilft hier mal die Frage an Kolleg.innen, worauf sie in der Organisation stolz sind oder wären. Sind es die Produkte, die interessanten Kolleg.innen, das Betriebsklima oder CSR? Die andere Seite sind aufschlussreiche Hinweise und Best Practices zu Branchen- oder Allgemeinthemen wie Arbeitsorganisation oder sozialen Umgang. So verbreiten die Angestellten Unternehmensbotschaften gern auch über LinkedIn und Xing.

Social Media ermöglicht den Austausch auf vielerlei Ebenen. Da geht es um den klassischen Funnel im Marketing, das Kunden- wie das Reklamationsmanagement. Ihre Zielgruppe beziehen Produktmarketer dagegen noch viel zu selten ein, wenn sie Ideen für neue Produkte und Feedback einholen wollen. Hier sind Kommunikationsexpert.innen gefragt, die einen unverkrampften und produktiven Austausch gestalten und begleiten können – sowohl in technischer wie inhaltlicher Hinsicht. Und es gibt weiter Ansätze: Wie kann sich die Entwicklung besser vernetzen, um von Trends zu erfahren? Wie können Standorte mit ihrer Nachbarschaft in Kontakt treten? Und wie kann sich die Unternehmenskommunikation verschiedener Einheiten selbst aufwandsarm und zeitnah austauschen, um Stimmen für ein Bildkonzept oder eine Reaktion auf Social Media einzuholen?

Eine Organisation braucht ein Gesicht

In Krisenzeiten, aber auch in anderen emotionalen Situationen wäre es nicht zu vermitteln, wenn eine Vorstandsvorsitzende ihren Pressesprecher vorschickt. Die Bahn tut sich keinen Gefallen, wenn bei gehäuften Verspätungen ihr Chef Richard Lutz dem Mikrofon fernbleibt: Wie will man der Öffentlichkeit damit vermitteln, dass an der Pünktlichkeit mit Hochdruck gearbeitet wird? Es scheint doch eher, dass Verspätungen zum Alltag gehören.

Auch im Alltagsgeschäft gilt es, einer Organisation ein Gesicht zu geben. Joe Kaeser von Siemens und Götz Werner von dm zeigen, wie Meinungsstärke Aufmerksamkeit schafft. Journalist.innen wollen sowieso lieber mit dem Vorstand reden als mit der PR-Abteilung – oft haben Medienschaffende den Eindruck, dass diese nicht die wahren Probleme der Organisation kennt oder sie weniger authentische Aussagen liefern würde.

Selbstkritisch muss die PR-Branche einräumen, dass sie teilweise eigene Rufschädigung betrieben hat: Zwar nimmt das Verständnis zu, was Journalist.innen zur Arbeit brauchen. Aber es gibt immer noch zu viele Pressemitteilungen, die die Außenperspektive vermissen lassen und aufdringliches Selbstlob beinhalten. Das liegt zwar oft daran, dass das journalistische Verständnis nicht auf Produktmarketer und den final freigebenden Vorstand übergreift. Aber auch PR-Schaffende haben sich glatt gebügelte Statements aus der Politik abgeschaut. Es wäre gut, wenn sie verstärkt als Dienstleister auftreten und mehr Haltung und Charakter zeigen – nach innen wie nach außen. So verdienen sie sich Respekt in anderen Abteilungen für ihre komplexen Aufgaben – auch in der Öffentlichkeit.